HanseMerkur verleiht im 40. Jahr Preis für Kinderschutz
Hamburg, 09. Dezember 2021. Zum 40. Mal werden heute die HanseMerkur Preise für Kinderschutz vergeben. Die Auszeichnung der insgesamt sechs Preisträger des Jubiläumsjahres erfolgt coronabedingt nicht im Rahmen einer Festveranstaltung in Hamburg. Stattdessen wurden die Preise in Form lokaler Preisverleihungen bei den Initiativen vor Ort übergeben. Der daraus entstandene Film, die virtuelle Preisverleihung, kann ab 10.00 Uhr unter http://hansemerkur.csr-engagement.de/kinderschutzpreis-2020 im CSR-Blog der HanseMerkur abgerufen werden. Der kurzweilige Beitrag zeigt die Preisverleihungen, die in Hamburg, Baden-Württemberg, NRW und Sachsen in den vergangenen Wochen im kleinen Kreis als 2G-Plus Veranstaltungen stattgefunden haben. Zugleich nimmt er den Zuschauer mit auf eine filmische Reise durch vier Jahrzehnte Engagement im Kinderschutz. Dabei kommen mit Bernd Siggelkow, Gründer von DIE ARCHE e.V., Sabine Böhm vom Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze e.V., Adelheid Gottwald (Paulinchen e.V., Hilfe für brandverletzte Kinder) und Eckhard Baumann (Straßenkinder e.V.) verschiedene Preisträger der ersten Stunde zu Wort, die sich auf ebenso beeindruckende wie vielfältige Weise für Kinder und Jugendliche stark machen.
Als Schirmherrin spricht die diesjährige Goldmedaillengewinnerin im Kanusprint bei den Paralympics in Tokio, Edina Müller, den Preisträgerinitiativen ihre Wertschätzung und ihren Dank aus. Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes und langjähriges Jury-Mitglied, hält die Laudationes. Eberhard Sautter, Vorstandsvorsitzender der HanseMerkur, betont anlässlich der Vergabe des ältesten deutschen Sozialpreises für herausragende Kinder- und Jugendschutzarbeit: „Umfassender Kinder- und Jugendschutz ist derzeit so wichtig wie nie zuvor. Denn Corona macht junge Menschen und ihre Not oft unsichtbar. Die Pandemie hat die Situation von Kindern, die unter belastenden oder gefährlichen Lebensumständen aufwachsen, an vielen Stellen noch verschärft. Zugleich mussten Helfende oft sehr flexibel sein und neue Wege finden, um ihre wertvolle Arbeit trotz der Einschränkungen fortzusetzen. Umso entscheidender ist es, auf die Problemlagen, denen sie sich widmen, öffentlich aufmerksam zu machen. Unser Ziel ist es, den ausgezeichneten Initiativen Gehör zu verschaffen und ihren gesellschaftlichen Einsatz zu unterstützen. Daher hat die HanseMerkur sich entschieden, im Jubiläumsjahr ihr Engagement zu erweitern und lobt erstmalig insgesamt sechs Preise aus.“
In diesem Jahr ist der HanseMerkur Preis für Kinderschutz mit 80.000 Euro dotiert. Seit seinem Bestehen wurden Preisgelder in einer Gesamthöhe von 1,4 Millionen Euro ausgeschüttet und so 169 Projekte unterstützt. Die Auszeichnungen für 2020 gehen an sechs Initiativen aus Dresden, Freiburg, Hamburg, Remscheid und Solingen.
DIE HAUPTPREISTRÄGER 2020
Zwei Projekte erhalten einen der mit 20.000 Euro dotierten Hauptpreise:
- Wenn Kinder zu Opfern von sexuellem Missbrauch und körperlicher Misshandlung werden, hat das weit über die akuten Verletzungen hinausreichende Folgen. Das Erlebte prägt ihr Aufwachsen, prägt sie für ihr ganzes Leben. Die Ärztliche Kinderschutzambulanz Bergisch Land e.V. auf dem Gelände der Sana-Klinik in Remscheid betreut pro Jahr etwa 400 betroffene junge Menschen. Therapeuten, Mediziner, Neurologen und Juristen engagieren sich im Projekt „Diagnostik und Therapie von Kindern und Jugendlichen, die Opfer von schwerer Gewalt, Vernachlässigung und sexuellem Missbrauch geworden sind“. Sie versorgen unterernährte und vernachlässigte Kinder, behandeln Brüche, Verbrennungen oder die Folgen von Strangulationen, sie sehen Anal- oder Genitalverletzungen – und die psychischen Folgen des Missbrauchs. Ziel ist es, durch verschiedene Verfahren von der Einzeldiagnostik über Interaktionsbeobachtung bis zu psychodiagnostischen Testungen zu erkennen, was den Kindern zugestoßen ist, wie belastet sie sind und wie ihnen auch unter Einbeziehung ihres familiären Umfeldes geholfen werden kann.
- Medizinische Versorgung ist in Deutschland noch immer nicht für jeden gewährleistet: Die Zahl der Menschen, die keinen Krankenversicherungsschutz und keine Mittel haben, die Kosten einer Behandlung selbst zu tragen, wird auf etwa 1,5 Millionen geschätzt. Unter ihnen auch ungezählte Kinder, die als Geflüchtete nach Deutschland kamen oder durch eine familiäre Notlage aus dem System gefallen sind. Seit mehr als sieben Jahren finden Betroffene bei erfahrenen Medizinern verschiedener Fachrichtungen in der Praxis ohne Grenzen (PoG), einer Poliklinik in Hamburg, die einmal in der Woche ihre Türen öffnet, Hilfe. Im Rahmen der „Kindersprechstunde in der PoG“ behandeln sie dann auch durchschnittlich 15 Kinder, kostenlos und auf Wunsch auch anonym. Das zivilgesellschaftliche Engagement der Teams der Praxis ohne Grenzen geht über die medizinische Behandlung hinaus: Ehrenamtliche unterstützen die Menschen, die in die Praxis kommen, bei akuten Problemlagen, Antragsstellungen und ähnlichem. Ein weiteres Ziel: eine politische Veränderung zu bewirken und einen automatischen Krankenversicherungsschutz für alle Kinder, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrer aktuellen Situation, zu erreichen.
ANERKENNUNGSPREISTRÄGER 2020
Die vier mit jeweils 10.000 Euro dotierten Anerkennungspreise gehen an folgende Projekte:
- Seit 2007 bietet die Stiftung Kultur Palast jungen Menschen einen Ort, an dem sie das lernen können, was für sie mehr als reiner Tanz ist: Die „Hip Hop Academy Hamburg“ im Stadtteil Billstedt bietet Trainingsprogramme in den wichtigsten Disziplinen der Hip Hop Kultur – Breakdance, Graffiti, Rap, Gesang und Newstyle Dance. Im Training geht es immer auch um Respekt gegenüber anderen Menschen, Religionen und Hautfarben, um Toleranz und Zugehörigkeit: Werte zu vermitteln und soziale Kompetenzen zu fördern sind selbstverständliche Bestandteile des Curriculums. Die hier erlernte Disziplin prägt das Verhalten in Schule und Ausbildung, Erfolge stärken das Selbstbewusstsein.
- Die Krebserkrankung eines Kindes ist ein tiefgreifender Eingriff in das Familienleben. Kapazitäten, sich auch um die Geschwisterkinder zu kümmern, fehlen den Eltern oft. Um die Situation zu entlasten, schuf der Förderverein für krebskranke Kinder e.V. Freiburg i.Br. bereits vor 40 Jahren erste Wohnmöglichkeiten in der Nähe der Uniklinik und sorgt seither nicht nur dafür, dass erkrankte Kinder in hohem Maße durch ihre Eltern begleitet werden können, sondern hat auch die Bedürfnisse der Geschwisterkinder im Blick. In der „Geschwisterspielstube Regenbogen“ betreuen Sozial- und Kunsttherapeuten die Kinder, die durch die Sorge um ihre Familie oft massiv belastet sind. Mit intensiver, achtsamer, fürsorglicher und situationsbezogener Betreuung gelingt es, ihre seelischen Nöte zu erkennen und gezielt aufzuarbeiten.
- Etwa 190.000 Kinder und Jugendliche leben bundesweit in Heimen oder Wohngruppen. Sie haben traumatisierende Erfahrungen gemacht, fehlende Sicherheit erlebt. Die Einrichtungen geben Halt und Struktur, können durch Personalwechsel und Schichtdienst jedoch Geborgenheit nur bedingt vermitteln. Mit der Volljährigkeit fällt dann auch dieses Zuhause weg. Ein soziales Netz, eine Familie, die den Schritt in die Selbständigkeit begleiten, gibt es selten – dabei würden die sogenannten Careleaver es besonders dringend benötigen. Der Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V. in Dresden füllt die Lücke: Das „House of Dreams. Careleaverzentrum und Careleaverarbeit in Sachsen“ ist mit verschiedensten Angeboten wie Kreativkursen für die Freizeit, gezielten Beratungsangeboten und alltagstauglichen Hilfen ein fester Bezugspunkt für die jungen Menschen und begleitet ihren Start in ein eigenverantwortliches Leben.
- Ziel des im Jahr 2016 gegründeten Between The Lines e.V. ist es, Jugendlichen niedrigschwellige, digitale Hilfe zur Selbsthilfe in belastenden Lebenssituationen zu geben. Das junge Team hat eine App entwickelt, in der lokale und regionale Anlaufstellen und Hilfsangebote, Tipps zu verschiedenen Handlungssträngen in komplexen Krisensituationen und Mutmach-Beispiele anderer Jugendlicher zu finden sind. Das Themenspektrum reicht von Problemen innerhalb der Familie über Mobbing-Situationen und Stress in der Schule bis hin zu Drogenproblemen. Von Jugendlichen für Jugendliche entwickelt, dank dieses Ansatzes trifft das Angebot die Bedürfnisse der Zielgruppe. Bisher ist die App in einzelnen Regionen verfügbar, doch der bundesweite Ausbau des Projekts, das eine zentrale Datenbank aller Hilfsorganisationen der Jugendhilfe erstellt, schreitet voran.